Bei 40 Grad am Hauptbahnhof

Eigentlich war der Sommer immer meine Lieblingsjahreszeit. Aber wie ich hier so am Frankfurter Hauptbahnhof auf meinen, wie immer, zuverlässig verspäteten Zug warte, fällt mir irgendwie nicht ein wieso.

Ich bin extra früher losgegangen, um möglichst langsam laufen zu können und so unnötige Bewegungen und zusätzliches schwitzen zu vermeiden. Dies erwies sich zumindest in Bezug auf die Vermeidung eines möglichen Kreislaufkollaps als wirkungsvoll, das Schwitzen jedoch ergibt sich ganz von allein. Bei 40 Grad hat sich die Bahnhofshalle in einen Garkocher aus Glas und Metall verwandelt und alles was sich darin befindet egal, ob rennend, stehend oder sitzend wird darin gleichmäßig erhitzt. Während ich mich diskret in den Schatten eines Bäckerhäuschens stelle, um nicht über den Garpunkt zu treten, spüre ich wie sich, trotz minimaler Körperaktivität, Schweißperlen von meiner Stirn in mein Dekolleté tropfen- sweatdrop, sweatdrop, drop, drop… hm… klingt wie einer dieser neuen Hip Hop Songs….Der BH war irgendwie nicht die beste Idee gewesen. Er fungiert aktuell lediglich als kneifendes Schweißband, der gerade so eine Schweißseebildung zwischen meinen Brüsten verhindert, und weniger als Supporter. Bra!Bra! Wenn ich so weiter mache, habe ich am Ende der Fahrt einen Sommerhit geschrieben. Mit viel Schweiß und wenig Blut… Ich weiß nicht, ob diese Hitze mich blöd macht oder meine Kreativität steigert…

Als meine Freundinnen an mir vorbeilaufen, vergesse ich beinahe Ihnen nachzurufen, da mein Gehirn scheinbar ebenfalls auf „Atmen-reicht-nicht-stolpern-ist- auch- gut“ Modus umgeschaltet hat. Auf ihre Namen reagieren sie erst beim zweiten Mal. Die Hitze hat scheinbar auch bei Ihnen mentalen Tribut gezollt. Julia, die ich seit ein paar Wochen nicht mehr gesehen habe, schaut mich erschöpft an und weigert sich, aufgrund der Hitze, bei Begrüßungen Körperkontakt herzustellen. Kathrin bringt nur ein müdes, Oh Mann, ich hab keine Lust, heraus und Ditjana sprudelt förmlich über, als sie sich über die Hitze, die vielen Menschen und sowieso alles aufregt, was sie heute vor die Tür gezwungen hat. Selten haben wir uns so sehr eine klimatisierte Zugfahrt zum Klausurenkurs gewünscht wie jetzt. Während der Fahrt fühlt sich keiner von uns in der Lage ein koordiniertes Gespräch zu führen. Das meiste beläuft sich auf wetterbedingtes Beklagen. Am Zielbahnhof angekommen möchte niemand wieder hinaus in die Hitze. Wir hatten uns doch gerade erst im angenehm runtergekühlten Zugabteil beim sanften Ruckeln auf den Schienen erholt! Cool, cool! Train goes Choo Choo! Tja, mit dem Betreten des Bahnsteigs und der damit verbundenen erhöhten Temperatur, nimmt meine Innere Cardi B auch wieder einen größeren Teil meines Gehirns in Anspruch. Bald werde ich wieder keinen klaren Gedanken mehr fassen können und wie die Tauben am Bahnhof einfach immer planlos im Weg herumstehen. Okurr!

Im Besprechungsraum sollte es gleich wenig angenehmer werden. Zu viele Menschen, die zu viel Körpergeruch produzieren in einem viel zu kleinen, schlecht durchlüfteten unklimatisierten Raum. Unser Dozent ist über die Menge an Zuhörern und deren Ausdünstungen auch nicht gerade begeistert, wollte er doch die Stunde kurz halten, um selbst der Hitze zu entfliehen. Trotz des üblichen Streberbegehrens, auf eine volle Stunde, lässt er sich nicht beirren und prescht den Stoff in kürzester Zeit durch und lässt am Ende keine Fragen zu. So schnell wie er hereingeschneit kam, war er zu unserer Freude auch wieder verschwunden und wir konnten den Tigerkäfig wieder verlassen, um erneut Zuflucht im klimatisierten Zugabteil zu suchen.

Am Ende dieses schier unendlichen Tages bleibt nur noch eine mögliche Aktivität, eine kalte Dusche und ein Eis. Mein erster Gedanke war es ins Schwimmbad zu gehen, aber nachdem ich in diversen Instagram Storys schon diesen Menschenauflauf in den Becken zu Gesicht bekommen hatte, überlegte ich es mir ganz schnell anders. Das einzige was bei dieser Temperatur noch schlimmer war als die Temperatur selbst, waren diese Unmengen an Menschen. Und auf urinwarmes Wasser und Fußpilz wollte ich dann doch lieber verzichten. Zu Hause angekommen und eine eiskalte Dusche später, setzte ich mich mit einem Eis in der einen und einer kalten selbst gemachten Limonade in den Schatten auf meine Terrasse. Endlich. Ruhe. Alleinsein. Runterfahren. Entspannung. Splish, Splash. Skrrt, Skrrt.

Frankfurter Hauptbahnhof

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